Symposium Psychische Störungen am Arbeitsplatz: Nicht wegsehen, sondern helfen

Okt. 7, 2009
Obst und Medizin

Zittrige Hände, Alkoholfahne, Reizbarkeit, auffälliges Verhalten – zeigt ein Kollege diese Symptome, schauen viele lieber weg. Dabei sind dies erste Anzeichen für psychische Erkrankungen oder Verhaltensstörungen, wie sie in der modernen Arbeitswelt immer häufiger auftreten. Wie kann psychischen Erkrankungen im Betrieb vorgebeugt werden? Wie lässt sich Diskriminierung von Erkrankten abbauen? Wie können die Betroffenen wieder in das Berufsleben eingegliedert werden? Fragen, die bei dem Symposium „Menschen mit psychischen Erkrankungen in der Arbeitswelt“ der Bundesärztekammer (BÄK) und des Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit am 6. Oktober in Berlin diskutiert wurden.
Arbeitsverdichtung, eingeschränkte Entscheidungskompetenzen infolge standardisierter Handlungsabläufe und nur wenige soziale Kontakte gehören häufig zum Berufsalltag. Fast jeder Dritte leidet einmal in seinem Leben an einer behandlungsbedürftigen, psychischen Erkrankung. Immer häufiger sind sie die Ursache für Arbeitsunfähigkeit. So hat sich die Zahl der Krankentage durch psychische Störungen in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. „Teilhabe am Berufsleben ist ein wichtiger Faktor zum Erhalt und zur Wiedergewinnung der psychischen Gesundheit“, betonte BÄK-Vorstandsmitglied Dr. Udo Wolter zur Veranstaltungseröffnung. Der sensible und nicht diskriminierende Umgang mit psychisch Erkrankten in den Betrieben und die Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte spielten dabei eine zentrale Rolle, so Wolter, der auch Vorsitzender des Ausschusses und der Ständigen Konferenz „Arbeitsmedizin“ der BÄK ist.
„Immer mehr Arbeitnehmer fühlen sich überfordert, gemobbt oder ausgenutzt. Nicht wenige davon entwickeln psychosomatische Krankheitsbilder bis hin zu schweren psychiatrischen Erkrankungen“, sagte Dr. Cornelia Goesmann, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und Beauftragte des Vorstands der BÄK für Fragen der ärztlichen Psychotherapie. Tatsächlich erlebt nach einer Untersuchung der Europäischen Agentur für Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit über die Hälfte aller berufstätigen Menschen in der Europäischen Union negativen Stress, wie Zeit- und Veränderungsdruck sowie Monotonie am Arbeitsplatz. „Der Schutz und die Stärkung der psychischen Gesundheit von Beschäftigten gewinnt zu Recht Bedeutung im Rahmen der betrieblichen Prävention“, sagte Dr. Joachim Stork, Leiter des Gesundheitswesens der Audi AG.
In der Fortbildungsveranstaltung wurden verschiedene Konzepte zum Thema Arbeit und psychische Gesundheit vorgestellt, wie Modelle zur Stärkung der psychischen Gesundheit durch betriebliche Gesundheitsförderung (Konzept Audi, Ingoldstadt, Konzept des Verbandes Deutscher Werks- und Betriebsärzte), Initiativen zur Wiedereingliederung von psychisch erkrankten Menschen in das Arbeitsleben (Konzept „web-reha“ zur Kooperation von Werks- und Betriebsärzten mit der Deutschen Rentenversicherung Rheinland ) sowie Strategien zum Abbau der Diskriminierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz.
Deutlich wurde auf der Tagung auch, dass multidisziplinäre Zusammenarbeit aller Professionen, die an der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen beteiligt sind, notwendig ist. Die Kooperation der Betriebsärzte, der Rehabilitationsärzte, der behandelnden Hausärzte und der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie und der Sozialmediziner ist ein wichtiger Baustein, um Menschen mit psychischen Erkrankungen umfassend und ohne Verzögerung unterstützen zu können.
Doch wie können Arbeitnehmer Alarmsignale bei Kollegen erkennen? „Riecht ein Kollege regelmäßig nach Alkohol oder ist sein Verhalten auffällig, darf nicht darüber hinweggesehen werden“, sagte Prof. Dr. Wolfgang Gaebel vom Aktionsbündnis Psychische Gesundheit. Hier bestehe möglicherweise ein Suchtproblem. Aus Hilflosigkeit werde zu oft tabuisiert. Die Experten wiesen auf der Tagung auf die Bedeutung eines guten Betriebsklimas hin: Ein freundlicher und offener Umgang miteinander sei wichtig, damit solche Zeichen früh erkannt werden und auch der Betriebsarzt informiert werden kann.
Einig waren sich die Fachleute auch, dass die diagnostische Erhebung von psychischer Gesundheit, etwa durch Fragebögen, weiter erforscht werden müsse. Darüber hinaus müssten gute Konzepte zur Gesundheitsförderung und Wiedereingliederung entwickelt und gelebt werden.
Weiter Informationen zum Symposium sowie Videos von der Veranstaltung: http://www.baek.de/…
Quelle (lifePR)

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