Kein Durchblick bei „Ökostrom“

Jan 27, 2012

Verbrauchererwartungen werden nicht erfüllt – vzbv fordert ein einheitliches Label in Anlehnung an das Biosiegel für Lebensmittel

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert ein bundesweit einheitliches und anspruchsvolles Label für Ökostrom. „Wie bei Biolebensmitteln brauchen wir endlich auch beim Ökostrom Verlässlichkeit“, fordert vzbv-Vorstand Gerd Billen. Eine repräsentative Umfrage von forsa im Auftrag des vzbv belegt: Verbraucher verlieren in der Labelflut des Ökostrommarktes mit unterschiedlichen Philosophien und intransparenten Kriterien den Durchblick. „Soll Ökostrom weiterhin eine Erfolgsstory bleiben und eine tragende Säule der Energiewende werden, ist es höchste Eisenbahn für ein verlässliches Ökostromlabel“, sagt Billen.

Irrtümlich gehen fast 40 Prozent der Befragten davon aus, dass klare gesetzliche Regelungen bestehen, die festlegen, was „Ökostrom“ ist. So das Ergebnis der Umfrage. Tatsächlich ist der Begriff jedoch weder gesetzlich definiert noch rechtlich geschützt. Nur gut jeder vierte Verbraucher hat schon einmal von einem Ökostromlabel gehört. Viele denken, zwischen den Labels gebe es keine Unterschiede. Dies hatte kürzlich auch eine Umfrage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bestätigt. „Die Verbraucher finden das Thema Ökostrom wichtig, wissen aber nicht, was es ist“, bilanziert Billen und sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf seitens der Wirtschaft und der Politik.

Ökostrom durch Zukauf von Zertifikaten lehnen Verbraucher ab

Händlermodell, Spendenmodell, Initiierungsmodell, CO2-Kompensationsgeschäfte – der Markt lässt gegenwärtig eine unübersichtliche Palette an Angeboten unter dem Begriff „Ökostrom“ zu. „Die für Verbraucher wichtigen Kriterien finden sich in den Marktangeboten nur unzureichend wieder“, berichtet Billen. So erwarten die Verbraucher, dass Ökostrom zu 100 Prozent aus regenerativen Energiequellen erzeugt wird, die Herkunft transparent ist und der Anbieter einen Teil seiner Erlöse in den Bau neuer Anlagen investiert. Zudem wünscht sich etwa die Hälfte der Befragten eine zeitgleiche Erzeugung des Ökostroms zum Verbrauch, die Erzeugung in Deutschland sowie einen Direktbezug vom Stromerzeuger. Strom durch den Zukauf von Zertifikaten einen grünen Anstrich zu geben, lehnen die Verbraucher hingegen ab.

Bundesregierung muss „Projekt Ökolabel“ rasch umsetzen

„Die Bundesregierung muss mit einem anspruchsvollen Standard und einem Label für Ökostrom rasch Klarheit in diesem wichtigen Stromsegment schaffen“, fordert Billen. Das Wirtschafts-, Umwelt- und Verbraucherministerium sind jetzt gefordert, den Ausbau der nachhaltigen Energieerzeugung in transparente Bahnen zu lenken. Es müsse festgelegt werden, wer die Federführung bei diesem wichtigen Projekt hat. Billen: „Nur mit einem ambitionierten Label können Verbraucher mit einem Stromanbieterwechsel positive Akzente für den Klimaschutz setzen“.

Ausgewählte Umfrageergebnisse

  • 45 Prozent finden das Thema Ökostrom wichtig.
  • 37 Prozent meinen, es gebe klare gesetzliche Regelungen, was Ökostrom ist.
  • 27 Prozent haben schon einmal von Ökostromgütesiegeln gehört; am bekanntesten ist TÜV Süd mit 30 Prozent.
  • Die Mehrheit kennt die Unterschiede zwischen den Labels nicht oder glaubt, es gebe keine.
  • 69 Prozent würden bei Ökostrombezug dazu beitragen wollen, dass neue Anlagen gebaut werden.
  • 82 Prozent wünschen sich, dass der CO2-Ausstoss insgesamt verringert wird.
  • Für rund zwei Drittel der Verbraucher gehören Atomstromfreiheit, Investition in Neuanlagen und 100 Prozent Erneuerbare zu den zwingenden Anforderungen.
  • Für rund die Hälfte der Befragten halten folgende Kriterien für erforderlich: Gütesiegel/ Herkunftsnachweis, zeitgleiche Bereitstellung, Erzeugung in Deutschland sowie Direktbezug vom Stromerzeuger.
  • 61 Prozent finden einen genauen Nachweis der Investitionen in neue Anlagen notwendig.
  • 87 Prozent haben ein hohes Vertrauen in die Verbraucherzentrale, 86 Prozent in die Stiftung Wartentest, wenn es um die Definition eines Gütesiegels geht.

Quelle lifePR

1 Gedanke zu „Kein Durchblick bei „Ökostrom““
  1. Aus Sicht der Verbraucher absolut verständlich. Die Energiewende wurde ja mehr oder weniger durch die Verbraucher eingeleitet, weil die kein Atomstrom im eigenen Land mehr wollen. Das zeigt ja wie wichtig den Verbrauchern das Thema ist.

    Die Forderungen nach einem einheitlichem Label kann ich auch nur zu gut nachvollziehen. Wenn ich bei einem großen Energieversorger Strom aus einem Ökostrom-Tarif beziehe, dann gehe ich davon aus, dass der Versorger dies irgendwie durch Wind-, Wasser- oder Solarkraft bereitstellt. Doch meistens werden ja nur Zertifikate von „grünen“ Energieversorgern gekauft und der normale Strom als Ökostrom verkauft.

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