In den neuen Bundesländern sterben weiterhin deutlich mehr Menschen an Herzkrankheiten als im Bundesdurchschnitt. Das ist eine der Erkenntnisse des aktuellen Bruckenberger Herzberichtes, der bereits seit 1989 alljährlich aktuelle Zahlen und Entwicklungen aus den Bereichen Herzchirurgie und Kardiologie dokumentiert. Weitere Trends, die sich aus dem letzte Woche in Berlin vorgestellten Bericht ergeben, sind die Zunahme von Patienten mit Herzklappenerkrankungen sowie eine insgesamt gleichbleibende Zahl von herzchirurgischen Eingriffen im Jahr 2010.
Gemessen am Bundesdurchschnittswert wiesen 2009 nach der altersbereinigten Sterbeziffer für Herzkrankheiten die Länder Hamburg, Berlin sowie Baden-Württemberg die niedrigsten und Thüringen, Brandenburg sowie Sachsen-Anhalt die höchsten Werte auf. Während in Hamburg 13,8 Prozent Sterbefälle weniger als im Bundesdurchschnitt zu verzeichnen waren, lag der Wert für Sachsen-Anhalt 23,9 Prozent höher. Aber auch in einigen Regionen westdeutscher Bundesländer starben im Vergleich zum Bundesdurchschnitt überproportional viele Menschen an Herzerkrankungen. Dazu gehörten Bereiche von Niedersachsen und aus dem Norden Bayerns.
Als Gründe für die zum Teil stark voneinander abweichenden Sterberaten der einzelnen Länder werden unter anderem die unterschiedlichen Lebensweisen mit Zigarettenkonsum, Fettleibigkeit, Bewegungsmangel und Stress sowie die soziale Situation, aber auch strukturelle Faktoren wie die Nähe zu herzchirurgischen und kardiologischen Zentren oder die Fahrzeiten von Rettungsdiensten bei Notfalleinsätzen vermutet. „Doch gibt es auch in Regionen mit geringer Arbeitslosigkeit und nahen herzmedizinischen Zentren teilweise überdurchschnittliche Sterbeziffern, sodass wir letztlich über mögliche Ursachen nur spekulieren können“, kommentierten Professor Friedrich Wilhelm Mohr, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), und Professor Felix Berger, Präsident der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie (DPGK), die Zahlen.
7377 Herzoperationen bei Kindern und Jugendlichen
Mehr als 7300 Herzoperationen bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren im Jahr 2009 mit einer Letalitätsrate von nur zwei Prozent – das sind weitere wichtige Ergebnisse des Herzberichtes für die deutschen Kinderkardiologen und Kinderherzchirurgen. DGPK-Präsident Berger wies nicht ohne Stolz darauf hin, dass von den Patienten, die zum großen Teil bereits im Säuglingsalter unter 1 Jahr operiert werden müssen, heutzutage fast 90 Prozent das Erwachsenenalter erreichen. Kritisch äußerte er sich zur Zukunft der Kinderherzzentren, die nur eine sehr geringe Zahl von Operationen durchführen: „Bis 2015 wird eine Konsolidierung gemäß der Strukturqualität deutscher Kinderherzzentren, wie sie vom gemeinsamen Bundesausschuss veröffentlicht wurde, stattfinden müssen, was auch mit einer Reduktion der Zahl der Herzzentren einhergehen wird.“
Kritischer Blick auf Anstieg der kathetergestützten Aortenklappeneingriffe
Seit einigen Jahren ist die Zahl der Patienten, die einer Operation der erkrankten Aortenklappe bedürfen, deutlich steigend. Waren es im Jahre 2009 noch 14.546 Eingriffe, zeigte sich im Jahr 2010 ein Anstieg auf 16.528, was die notwendige Diskussion bei den Verantwortlichen im deutschen Gesundheitswesen erneut befeuern wird. Denn der Anteil der konventionellen herzchirurgischen Aortenklappenersatz-Operationen, die zumeist mit einer minimalinvasiven Öffnung des Brustkorbs verbunden sind und eine sehr niedrige Letalität aufweisen, nimmt seit einigen Jahren ab. Dagegen steigt die Zahl der sogenannten kathetergestützten Aortenklappenimplantationen deutlich. Ihre Zahl hat sich 2010 auf 4.839 erhöht, was eine Steigerung um über 88 Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt. Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation zeigt bislang eine deutlich höhere Letalitätsrate, zudem fehlen bisher wissenschaftliche Kenntnisse zur Langzeitauswirkungen des Verfahrens und der Haltbarkeit der neuen Klappenprothesen. Deshalb soll diese relativ neue Methode, bei der die Herzklappenprothese unter Zuhilfenahme eines Katheters eingesetzt wird, nach gemeinsamen Festlegungen der DGTHG und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie nur zum Einsatz kommen, wenn die Entscheidung zur Durchführung eines solchen Eingriffs gemeinsam von Herzchirurgen und Kardiologen getroffen und der Eingriff in Kliniken mit etablierter herzchirurgischer und kardiologischer Fachabteilung vorgenommen wird. Zudem soll die kathetergestützte Aortenklappenimplantation multimorbiden Patienten über 75 Jahren vorbehalten bleiben, da bisher eine Haltbarkeitsgarantie für diese Prothesen von den Herstellern nur für fünf Jahre gegeben werden kann. „Die Zahlen des Herzberichts zeigen, dass nahezu 25 Prozent der kathetergestützten Aortenklappenimplantationen in Kliniken durchgeführt werden, in denen keine herzchirurgische Abteilung verfügbar ist. Außerdem dokumentiert der Herzbericht eine Zahl von Fällen, in denen das Verfahren eingesetzt wurde, obwohl die Patienten unter 75 Jahre alt waren. Dies alles lässt vermuten, dass in einigen Fällen nicht die gemäß den Vorgaben der beiden Fachgesellschaften für die Patienten beste Behandlungsmethode gewählt wurde“, kritisierte DGTHG-Präsident Mohr. „Insofern begrüßen wir es sehr, dass einige Krankenkassen die betreffenden Kliniken in den Budgetverhandlungen in die Pflicht nehmen, am Deutschen Aortenklappenregister teilzunehmen, auf dessen Datenbasis wissenschaftlich-fundierte Aussagen zur Sicherheit der Verfahren für die Patienten gewonnen werden sollen.“
Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) vertritt als medizinische Fachgesellschaft die Interessen der über 950 in Deutschland tätigen Herz-, Thorax- und Kardiovaskularchirurgen im Dialog mit Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. In der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) sind die fast 700 in Deutschland tätigen Kinderkardiologen organisiert.
Quelle pressrelations.de