In Deutschland haben etwa 1,5 Millionen Menschen eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Diese Fehlfunktion kann unter anderem nach einem Herzinfarkt oder nach einer Entzündung des Herzmuskels entstehen. Die Patienten leiden bei Anstrengung schnell an Luftnot. Außerdem sammelt sich in ihrem Körper Wasser an, etwa in den Beinen oder der Lunge, was die Atemnot weiter verschlimmert. Heilbar ist die Herzschwäche bislang nicht, die Symptome lassen sich aber mit Medikamenten lindern.
„Wir vermuten, dass im Verlauf der Erkrankung herzschädigende Autoantikörper im Blut gebildet werden. Es gibt auch deutliche Anzeichen dafür, dass diese Autoantikörper bei vielen Patienten die Herzschwäche verursachen“, sagt Professor Roland Jahns von der Medizinischen Klinik I der Universität Würzburg. Autoantikörper sind Bestandteile des Immunsystems, die fälschlicherweise den eigenen Organismus angreifen, in diesem Fall den Herzmuskel.
Studienstart an 13 Standorten – Studiendauer drei Jahre
Mit einer Studie wollen die Wissenschaftler nun feststellen, wie häufig solche Autoantikörper nach einem Herzinfarkt oder einer Herzmuskelentzündung entstehen. Außerdem wollen sie herausfinden, wie die Konzentration der Autoantikörper im Blut mit dem Verlauf der Herzinsuffizienz zusammenhängt.
Professor Jahns koordiniert die Studie, die im Januar an elf Universitätsklinika in Deutschland angelaufen ist und drei Jahre dauern wird. Außerdem hat er die Universitäten Göteborg und Padua mit ins Boot geholt – laut Jahns sind sie neben Würzburg, Greifswald und Marburg die in Europa führenden Zentren in Sachen immunbedingter Herzschwäche.
Was die Studienteilnehmer erwartet
200 Patienten mit einem ersten Herzinfarkt und 200 Patienten mit einer ersten akuten Herzmuskelentzündung werden für die Studie insgesamt benötigt. Die Teilnehmer werden bei der stationären Aufnahme untersucht und dann wieder nach drei, sechs und zwölf Monaten.
Die Patienten bekommen Blut abgenommen, damit die Mediziner den Autoantikörperspiegel und weitere immunologische Parameter feststellen können. Sie erheben außerdem Daten zur Herzfunktion, unter anderem mit einer Untersuchung im Kernspintomographen.
Zusätzlich analysieren die Wissenschaftler Blutproben von 900 Patienten, die bereits an immunbedingter Herzschwäche leiden. Diese Proben bekommen sie vom Deutschen Kompetenznetz Herzinsuffizienz (Berlin) zur Verfügung gestellt. Zum Vergleich wird noch das Blut von 300 gesunden Menschen untersucht.
Was die Studie bewirken kann
Mit ersten Ergebnissen rechnen die Wissenschaftler in etwa zwei Jahren. Falls die Autoantikörper beim Entstehen der Herzschwäche eine ursächliche Rolle spielen, sollte ihr Nachweis im Blut schon bald in die klinische Routinediagnostik einfließen.
Mit einem entsprechenden Test könnten die Ärzte das Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche besser abschätzen. Sind Autoantikörper nachweisbar, ließe sich frühzeitig eine Therapie einleiten oder eine bereits begonnene Behandlung intensivieren.
Die Betroffenen könnten darüber hinaus von einer neuartigen Therapie profitieren, bei der die schädlichen Autoantikörper durch ringförmige Proteine neutralisiert werden. „Die vorklinische Entwicklung dieses neuen Medikaments und erste Tests an Menschen sind erfolgreich abgeschlossen“, so Jahns. „Der Wirkstoff zeigt bisher keine ernsten Nebenwirkungen und könnte bei rechtzeitiger Gabe die Entstehung der Herzschwäche vermutlich verhindern.“
Warum Biomarker immer wichtiger werden
„Der Nachweis von Autoantikörpern und andere molekulare Analysen werden künftig immer präzisere Informationen über Krankheiten liefern und dadurch die Therapien weiter verbessern“, sagt Roland Jahns. Schon jetzt seien viele so genannte Biomarker bekannt, mit denen sich zum Beispiel akute Herzinfarkte oder Prostata- und Darmkrebsleiden frühzeitig diagnostizieren lassen.
Biomarker helfen den Ärzten auch dabei, den Verlauf einer Erkrankung vorherzusagen und exakt zu verfolgen, wie gut eine Therapie anschlägt. Sie können sogar dazu beitragen, neue Therapieansätze zu finden und weiterzuentwickeln.
Wenige Tests sind reif für den klinischen Alltag
Oft sind Biomarker im Blut nachzuweisen, und so reicht eine einfache Blutabnahme aus, um sie zu bestimmen. „Jedoch sind bisher nur wenige Tests so weit entwickelt, dass sie im klinischen Alltag genutzt werden können“, sagt Jahns. Das liege daran, dass die meisten Tests noch zu langwierig oder zu kompliziert sind.
Diese Lücke zwischen Grundlagenforschung und Patientenversorgung will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) schließen. Es fördert deshalb seit 2007 mit rund 20 Millionen Euro insgesamt 19 Projekte zur Molekularen Diagnostik. Die Studie über immunbedingte Herzschwäche ist eines davon.
Quelle pressrelations.de