Musik aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Nov 26, 2007

„Die Faust im Nacken“ von 1954 mit Marlon Brando gilt als einer der besten Filme der Kinogeschichte, wurde mit acht Oscars ausgezeichnet und hat eine der eindrucksvollsten Filmmusiken. Kein Wunder: Der Komponist war – Leonard Bernstein. Die Suite von „On the Waterfront“ – so der Original-Filmtitel – fasst die Handlung musikalisch zusammen. Ein anderer amerikanischer Komponist, der es zu Weltruhm gebracht hat, ist Philip Glass. Eines seiner erfolgreichsten Werke ist das Konzert für Saxophonquartett und Orchester, das im 3. Zyklus-Konzert der Dresdner Philharmonie vom weltberühmten Raschèr Saxophon Quartett gespielt wird. Als Urvater der amerikanischen Musik gilt Charles Ives, der mit „Three Places in New England“ den Hörer an verschiedene Orte seiner Heimat entführt. Und mit Béla Bartók steht ein Komponist auf dem Programm, der zum unfreiwilligen „Wahl“-Amerikaner wurde, als er vor den Nationalsozialisten aus Europa fliehen musste. Dirigent ist Stefan Asbury, der mit diesem Konzert sein Debüt bei der Dresdner Philharmonie gibt.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eine junge Musiknation, wenn es um die sogenannte „ernste Musik“ geht. Die Musik der amerikanischen Komponisten klang bis etwa 1910 „europäisch“. Erst im 20. Jahrhundert fand die „Abnabelung“ vom „Mutterland“ statt, nachdem sich durch den Jazz die Synkope als ein wichtiges Element in der Musiksprache etabliert hatte. Leonard Bernstein ist sicherlich die Persönlichkeit, die das Ideal der „unbegrenzten Möglichkeiten“ am konsequentesten in der Musik umgesetzt hat. Für den Film „Die Faust im Nacken“ („On the waterfront“) von 1954 komponierte er eine groß angelegte sinfonische Partitur, die jedoch gewichtigen Schnitten zum Opfer fiel. Um etwas von der Musik zu retten, stellte er eine Suite zusammen, die ein eindrucksvolles und dramatisches sinfonisches Werk wurde, das wie seine drei Jahre später komponierte „West Side Story“ eine Liebesgeschichte beschreibt, die in den Straßen New Yorks spielt.

Philip Glass hat sich seit Mitte der 1960er Jahre das Etikett eines „minimalmusic“- Komponisten erworben und gehörte zur amerikanischen Avantgarde der Zeit. Sein Konzert für Saxophonquartett und Orchester aus dem Jahr 1995 ist dagegen eine Annäherung an die Tradition. Der erste Satz entwickelt sich ruhig im Sinne des für Glass typischen repetitiven Stils. Der zweite Satz ist exaltierter, „jazziger“, der dritte Satz kann fast als zärtlich bezeichnet werden und steht in starkem Kontrast zum fulminanten Finale.

Charles Ives war ein Pionier der amerikanischen Musik, der aber erst relativ spät und in das Musikleben fand. Seine „Three Places in New England“ sind eine Suite, deren drei Sätze drei Orte schildern, die in der US-amerikanischen Geschichte von Bedeutung sind. Ives skizziert in dieser Suite die amerikanischen Ideale, das Lebensgefühl und die patriotische Haltung der Amerikaner am Anfang des 19. Jahrhunderts.

Béla Bartóks „Der holzgeschnitzte Prinz“ entstand in den Jahren 1914 bis1916. Darin geht es um einen Prinzen, der sich in eine Prinzessin verliebt, von den Mächten der Natur aber daran gehindert wird, zu ihr zu gelangen. Deshalb schnitzt er eine Puppe, der er seine Kleider anzieht, um die Aufmerksamkeit der Prinzessin zu gewinnen. Der Plan gelingt, die Prinzessin erfreut sich an der Puppe, würdigt aber den Prinzen mit keinem Blick. Die Mächte der Natur greifen erneut ein: Sie hauchen der Puppe Leben ein, statten sie mit abscheulichen Eigenschaften aus, aber die Prinzessin lässt erst von der Puppe ab, als deren Uhrwerk abgelaufen ist. Nun erst interessiert sie sich für den wahren Prinzen. „Der holzgeschnitzte Prinz“ steht zwischen Bartóks zweiter Schaffensperiode, die geprägt war von der Auseinandersetzung mit dem Schaffen Max Regers, Kodálys und Debussys, und der expressionistischen Phase, in der es Bartók danach drängte, seinem Gefühlsleben Ausdruck zu verleihen.

Stefan Asbury erhielt seine Ausbildung an der Oxford University und am Royal College of Music in London. Der Brite zählt heute zu den führenden Spezialisten für zeitgenössische Musik weltweit und ist als Gastdirigent prominenter Orchester und Ensembles auf allen großen Konzertpodien zu Hause. Von 1995 bis 2002 gehörte er der künstlerischen Leitung des Tanglewood Music Centers an, wo er weiterhin als Dozent in der Dirigierklasse tätig ist. Bei der Dresdner Philharmonie steht Stefan Asbury erstmals am Pult.

Seit seiner Gründung 1969 tritt das Raschèr Saxophon Quartett regelmäßig in den bedeutendsten Konzertsälen der USA, Asiens und Europas auf. Das Ensemble setzt eine Tradition fort, die in den 1930er Jahren von Sigurd Raschèr, dem Pionier des klassischen Saxophons und Gründer des Quartetts, begonnen wurde. Das Quartett hat über 290 Komponisten inspiriert, ihm Werke zu widmen. Diese Komponisten waren begeistert von der einmaligen homogenen Tonqualität, der Virtuosität und der dynamischen Interpretation alter und neuer Musik der vier Musiker. Auch für die Besetzung mit Orchester wurden mehr als 25 neue Werke komponiert und mit allen großen Orchestern der Welt aufgeführt.

Programm:

Leonard Bernstein
„On the Waterfront“ („Die Faust im Nacken“)
Sinfonische Suite für großes Orchester aus dem gleichnamigen Film

Philip Glass
Konzert für Saxophonquartett und Orchester

Charles Ives
„Three Places in New England“

Béla Bartók
Große Suite „Der holzgeschnitzte Prinz“

Stefan Asbury | Dirigent
Raschèr Saxophon Quartett
Christine Rall | Sopransaxophon
Elliot Riley | Altsaxophon
Bruce Weinberger | Tenorsaxophon
Kenneth Coon | Baritonsaxophon

Karten sind erhältlich in der Ticketcentrale im Kulturpalast am Altmarkt
Mo bis Fr, 10 – 19 Uhr
Sa 10 – 14 Uhr

Quelle (lifePR)

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