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Bodyguard für das Gehirn

Jul 13, 2011

Die Menschen werden immer älter, die Zahl der Demenzerkrankungen nimmt zu. Welche Faktoren die Degeneration des Gehirns steuern, ist noch weitgehend unbekannt. Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass etwa Stress, Akkumulierung von giftigen Abbauprodukten und Entzündungen die Alterung beschleunigen. Umgekehrt gibt es aber auch Mechanismen, die das Gehirn wie ein Bodyguard vor dem Verfall schützen oder defekte Strukturen reparieren.
Forscher der Universitäten Bonn und Mainz haben nun eine bislang unbekannte Funktion des Cannabinoid 1-Rezeptors (CB1) entdeckt. Ein Rezeptor ist ein Protein, an das andere Substanzen andocken und eine Signalkette auslösen. An den CB1-Rezeptor lagern sich Cannabinoide wie THC – der Wirkstoff des Hanfes – an und Endocannabinoide, die vom Körper selbst gebildet werden. Die Existenz dieses Rezeptors ist auch der Grund für die berauschende Wirkung von Haschisch und Marihuana.
Der CB1-Rezeptor hat nicht nur Suchtpotenzial, sondern spielt bei der Degeneration des Gehirns eine Rolle. „Wenn wir den Rezeptor mit gentechnischen Methoden ausschalten, dann verläuft die Alterung der Mäusegehirne viel schneller“, sagt Önder Albayram, Erstautor der Publikation und Doktorand im Team von Professor Dr. Andreas Zimmer vom Institut für Molekulare Psychiatrie der Universität Bonn. „Das CB1-Signalsystem hat also eine schützende Wirkung für die Nervenzellen.“
Im Schwimmbecken stellen die Mäuse ihr Gedächtnis unter Beweis
Die Wissenschaftler untersuchten Mäuse verschiedener Altersklassen: Jungtiere mit sechs Wochen, im mittleren Alter von fünf Monaten und im fortgeschrittenen Alter mit zwölf Monaten. Die Tiere hatten verschiedene Aufgaben zu bewältigen: So mussten sie erst in einem Schwimmbecken eine unter der Wasseroberfläche befindliche Plattform finden. Wenn die Mäuse den Ort kannten, wurde die Plattform verschoben, und die Tiere sollten sie wiederfinden. Damit testeten die Forscher das Lern- und Erinnerungsvermögen der Nager.
Die Tiere mit dem ausgeschalteten CB1-Rezeptor – die Knockout-Mäuse – unterschieden sich deutlich von ihren intakten Artgenossen. „Die Lern- und Gedächtnisleistung der Knockout-Mäuse war deutlich herabgesetzt“, sagt Privatdozent Dr. Andras Bilkei-Gorzo, der aus Professor Zimmers Team die Studie leitete. So waren die Tiere, denen der Rezeptor fehlte, bei der Suche nach der Schwimmplattform weniger erfolgreich. „Sie wiesen außerdem einen deutlichen Verlust an Nervenzellen im Hippocampus auf“, erklärt der Wissenschaftler. Diese Gehirnstruktur ist die zentrale Schaltstelle für die Festigung von Erlerntem. Außerdem stellten die Forscher fest, dass es zu Entzündungsprozessen im Gehirn kam. Mit fortschreitendem Alter machten sich die degenerativen Prozesse bei den Mäusen zunehmend bemerkbar.
Erstaunliche Parallelen zum Gehirn des Menschen
Die Tiere mit dem intakten CB1-Rezeptor schnitten dagegen hinsichtlich des Lern- und Erinnerungsvermögens sowie der Gesundheit der Nervenzellen deutlich besser ab. „Die Ursache der Alterung gehört zu den Geheimnissen des Lebens“, sagt Albayram. Ein kleines Stück haben die Forscher nun die Tür in diese dunkle Kammer des Wissens aufgestoßen. Die Vorgänge in den Mäusegehirnen weisen erstaunlich viele Parallelen zu den altersbedingten Änderungen des menschlichen Gehirns auf. So kann das Endocannabinoid-System bei den Menschen auch einen Schutzmechanismus gegen Gehirnalterung darstellen.
„Weitere Forschung ist noch erforderlich“, betont der Erstautor. Die Wissenschaftler wollen noch besser verstehen, wie es etwa zu der Schutzwirkung vor Entzündungsprozessen im Gehirn durch CB1-Rezeptoren kommt. Basierend auf diesen Signalketten könnten dann vielleicht auch Wirkstoffe für neue Therapien entwickelt werden.
Publikation: Onder Albayram, Judith Alferink, Julika Pitsch, Anastasia Piyanova, Kim Neitzert, Karola Poppensieker, Daniela Mauer, Kerstin Michel, Anne Legler, Albert Becker, Krisztina Monory, Beat Lutz, Andreas Zimmer und Andras Bilkei-Gorzo: Role of CB1 cannabinoid receptors on GABAergic neurons in brain aging, Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1016442108
Quelle pressrelations.de

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