Kunststoff und Raumfahrt

Feb. 21, 2025

Plastik im All-Tag

Kunststoff und Raumfahrt

Astronautennahrung steckt in Spezialverpackungen, die schützen und eine sichere Zubereitung sichern. (Bildquelle: ESA/NASA – T. Pesquet)

Der Weltraum. Unendliche Weiten… und ohne Kunststoff nicht zu ergründen, sagen Experten. So kontrovers wie über das Material auf der Erde diskutiert wird, so unverzichtbar ist es für die Reise ins Universum – ob zur Verpflegung von Astronauten oder bei der Konstruktion von Satelliten und Raketen.

Unser Verhältnis zu Kunststoff ist zwiespältig. Täglich nutzen wir Plastik, schätzen es aber kaum. Beispiel PET-Flaschen: Praktisch in der Handhabung, doch meist als bloße Wegwerfprodukte gesehen – und störend, wenn sie als Müll wieder auftauchen. Um die wahre Bedeutung einer Sache zu erkennen, lohnt oft der Blick über den Tellerrand hinaus – für das Thema Plastik sogar zu den Sternen. Denn dort werden wir tatsächlich fündig. „Ohne Kunststoff geht in der Raumfahrt nichts“, sagt Alexander Ihle, Structural Engineer bei der European Space Agency (ESA) und zuständig für Erdbeobachtungsmissionen.

Wie Kunststoff den Weltraum erobert
Im ersten Augenblick klingt es ungewöhnlich, doch was Kunststoffverpackungen auf der Erde bereits auszeichnet, macht sich auch die Raumfahrtindustrie zunutze – sie setzt vermehrt auf die charakteristische Kombination aus Leichtigkeit und Stabilität. Und das sowohl zur Konstruktion von Raumschiffen als auch für die Verpflegung der Raumfahrer. Deren Nahrung befindet sich nämlich gefriergetrocknet und entwässert in Plastikbeuteln mit angeheftetem Strohhalm.

Und wie bei uns auf der Erde, ermöglichen die Kunststoffverpackungen durch Schutz und Haltbarmachung auch im All eine große Auswahl an Getränken und Lebensmitteln. „Man muss sich nur anschauen, was die ersten Astronauten zur Verfügung hatten und was sie jetzt auf der Raumstation ISS an Verpflegung bekommen. Neil Armstrong hätte sich vermutlich nicht träumen lassen, dass ein solches Angebot möglich ist. Da spielt der Kunststoff schon eine recht große Rolle“, sagt Hendrik Weihs, Ingenieur und Leiter der Abteilung Raumfahrt beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR).

Stabilität und Effizienz im All
Doch nicht nur zur Ernährung der Astronauten sind Verpackungen aus Kunststoff unverzichtbar, das Material spielt auch zu-nehmend eine tragende Rolle beim Bau der Raketen. „Das fängt mit Klebstoffen an“, erzählt ESA-Strukturingenieur Alexander Ihle, „und geht bei Folien aus Kunststoff weiter. Die braucht man bei Raumfahrtsystemen beispielsweise als Sonnenschutz.“ So auch für die Konstruktion spezieller Elemente, wie Alexander Ihle erläutert: „Wir nutzen faserverstärkte Kunststoffe, um Bauteile zu fertigen, die sowohl leicht und beständig sind als auch eine hohe Temperaturbelastbarkeit aufweisen.“

Nicole Thalhofer, Leiterin Raumfahrt beim Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie e.V. (BDLI) betont: „Die Verwendung von Plastik und Kunststoffen im All hat die Effizienz von Raumfahrtmissionen erheblich gesteigert.“ Sie nennt ein Beispiel: „Die ArianeGroup arbeitet derzeit an ICARUS, einer innovativen Raketenoberstufe aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK).“ Und weist auch auf die weiteren Einsatzbereiche hin: „Kunststoffe sind nicht nur in Strukturbauteilen zu finden, sondern auch in rein funktionalen Komponenten wie Isolierungen und Dichtungen.“

Zukunftsmaterial für Kosmos und Erde
Hochleistungskunststoffe, die für die Rückkehr aus dem All zusätzlich mit Thermalschutzsystemen ausgestattet sind, nehmen also beim Raketenbau neben Metall einen immer wichtigeren Platz ein. Und stehen natürlich auch im Zeichen der Nachhaltigkeit. DLR-Abteilungsleiter Hendrik Weihs: „Wir sehen, dass die klassische Rakete sich langsam auf den Weg begibt zu einem wiederverwendbaren Raumtransportsystem.“

BDLI-Raumfahrtspezialistin Nicole Thalhofer: „Die Entwicklungen im Bereich der Kunststoffe in der Raumfahrt haben auch wichtige Implikationen für Anwendungen auf der Erde. Im Fall von I-CARUS forscht die ArianeGroup, wie man CFK-Tanks für kryogene Flüssigkeiten mit Temperaturen bis zu minus 250 Grad Celsius entwickelt und baut.“ Relevant wäre das beispielsweise für den Transport und die Lagerung von Wasserstoff.

Recycelbare Raumschiffe aus dem 3D-Drucker
„In meiner Abteilung schauen wir gerade auf biobasierte Materialien“, erläutert Hendrik Weihs vom DLR und sagt: „Da ist auch bei Kunststoffen vieles möglich. Man muss dabei immer das Gesamtszenario betrachten, ob für Raketen oder Satelliten.“ Alexander Ihle ergänzt: „Der Trend geht in der Raumfahrt eindeutig zu faserverstärkten Kunststoffen. Das Material hat zahlreiche Vorteile, man kann viel mit ihm machen. Und es auch umweltgerecht einsetzen. Ich denke, das Beispiel der PET-Flasche ist hier durchaus geeignet.“ Das zielt auf die Eigenschaft zur Wiederverwertung. Denn der Einsatz von Kunststoffen steht auch bei der Raumfahrt im Zeichen von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Wie es PET-Flaschen vormachen – sie stehen für eine hohe Recyclingfähigkeit, im Bottle-to-Bottle-Verfahren sogar zu 100 Prozent.

Möglicherweise kommen die wiederverwertbaren und biobasierten Kunststoff-Raketen der Zukunft komplett aus dem 3D-Drucker. Bereits heute schon werden aufblasbare Weltraum-Habitate aus Kunststofffasern erprobt. Die Innovationen aus dem Bereich der Kunststoffverpackungen können hier durchaus als Impulsgeber dienen. Ob der berühmteste Vulkanier der Filmgeschichte dazu gesagt hätte „Plastic is fantastic“ wissen wir nicht, aber sein „Faszinierend“ klingt durchaus an.

Lern-Tipp:
Schüler und Hobbybastler, die das Prinzip des Raketenantriebs mithilfe von PET-Flaschen selbst erkunden wollen, finden hier eine Anleitung für den Bau von Wasserraketen: https://www.dlr.de/next/desktopdefault.aspx/tabid-13024/index.htm

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