Nudge – der Schubs in die richtige Richtung

Feb. 20, 2025

Ein Zauberschlüssel für kluge Entscheidungen

Nudge - der Schubs in die richtige Richtung

Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Autor: Reinhard F. Leiter, Executive Coach München

Der Mensch ist ein komplexes Wesen – oft mehr Getriebener als Lenker seines Schicksals. Seine Entscheidungen sind geprägt von Emotionen, Gewohnheiten und äußeren Einflüssen. Oft weiß er nicht, was wirklich gut für ihn ist. Es bedarf daher sanfter Lenkung. Der Nudge, ein zarter Stoß in die richtige Richtung, soll ihm dabei helfen, die für ihn und die Gesellschaft besten Entscheidungen zu treffen. So wird er zum Beispiel dazu angehalten, seine Zukunft zu planen, seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern und seine Gesundheit zu fördern. Ein gut gemeinter Eingriff in die Autonomie des Individuums, der letztlich dem Wohle aller dienen soll.

Nudging gibt die Antwort.
Nudging bedeutet im Wesentlichen, Menschen auf sanfte, subtile Weise zu einer bestimmten Handlung oder Entscheidung zu ermutigen. Keine Vorschriften, keine Verbote, nur ein kleiner Anstoß. Klingt einfach, ist aber super effektiv! In der Psychologie und Verhaltensökonomie ist das ein heißes Thema. Man hat festgestellt, dass selbst kleine Veränderungen in unserer Umgebung große Auswirkungen auf unser Verhalten haben können. Die Idee stammt von den beiden Experten Richard Thaler und Cass Sunstein (NUDGE – Wie man kluge Entscheidungen anstößt) und hat schon so manchen Politiker überzeugt, unter anderem den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.

Wie funktioniert Nudging?
Nudging ist eine moderne Form der Verhaltensbeeinflussung. Man nimmt den Menschen nicht ihre Freiheit, sondern lenkt sie sanft in die gewünschte Richtung. Die zwei Kerben am Lenkrad sind ein klassisches Beispiel: subtil, aber effektiv. Der Fahrer weiß, wo er seine Hände am Lenkrad platzieren muss. Und die Lebensmittelampel? Ein weiteres Instrument, um unser Verhalten zu formen. Schließlich sind wir alle nur rationale Wesen, die sich von Farben und Symbolen leiten lassen. Die Idee dahinter ist so einfach wie genial: Man muss den Menschen nur ein bisschen helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Denn wer will schon, dass er sich ungesund ernährt oder seine Umwelt zerstört.

Der Mensch ist ein komplexes Wesen, das sich von Emotionen und Gewohnheiten leiten lässt. Die Theorie vom rational handelnden Menschen, dem Homo oeconomicus, ist ein schönes Märchen, hat aber mit der Realität wenig zu tun. Experimente zeigen immer wieder, dass wir uns oft irrational verhalten. Deshalb brauchen wir die Nudges, jene sanften Anstöße, die uns helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Obst in Augenhöhe, Warnhinweise auf Zigarettenschachteln – das alles sind kleine Tricks, die uns in die gewünschte Richtung lenken. Und wenn der Staat das tut, dann spricht man von „libertärem Paternalismus“. Klingt paradox, ist aber eigentlich nur der Versuch, uns vor uns selbst zu schützen.

Das Setzen von sozial optimalen Defaults
Da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, tendiert er dazu, bei Entscheidungen den einfachsten Weg zu gehen. Deshalb sind Defaults so effektiv. Wenn man Menschen automatisch in eine bestimmte Richtung lenkt, bleiben sie oft dabei. Amazon ist ein gutes Beispiel: Dort wird der Kunde ganz sanft in die gewünschte Richtung geschoben. Am Ende des Online-Kaufs wird gefragt, wie das Produkt geliefert werden soll. Die Auswahl wird dann von Amazon als Standardlieferung festgelegt. In der Regel bleibt der Kunde aus Bequemlichkeit bei dieser Versandart.

Mit einem kleinen Kniff kann man viel Gutes bewirken. Eine Universität in den USA hat ihre Drucker auf Duplex-Druck umgestellt. Klingt unspektakulär, ist aber mega effektiv. Die Studenten und Mitarbeiter hatten einfach keine Lust mehr, jedes Mal die Druckoption zu ändern, und so wurde automatisch weniger Papier verbraucht. Das Ergebnis: 44 Prozent weniger Papierverbrauch und tausende gerettete Bäume. Ein echter Erfolg für die Umwelt!

Information-Nudges
Es geht auch anders. Information-Nudges – was so wissenschaftlich klingt, ist nur ein neumodischer Ausdruck für Bevormundung und Manipulation. Man überschüttet uns mit mehr Informationen, als wir eigentlich brauchen, und hofft, dass wir dann die richtigen Entscheidungen treffen.

Nudges zur Selbstkontrolle
Der Mensch ist ein Wesen, das oft seinen eigenen Impulsen erliegt. Um ihm zu helfen, seine Selbstkontrolle zu stärken, gibt es mittlerweile die unterschiedlichsten Angebote. Die Selbstsperre in Spielbanken durch den Spielsüchtigen ist ein Beispiel dafür. Und wer es ganz genau wissen will, der kann sich bei StickK.com anmelden. Dort wird man zum eigenen Kontrollfreak. Eine Institution oder Person überwacht, ob man das vereinbarte Ziel erreicht. Erreicht man das Ziel nicht, zahlt man Geld an eine Institution. Eine interessante Methode, um die eigene Motivation zu steigern.

Libertärer Paternalismus
Empirischen Erkenntnissen zur Folge wird der Mensch von vielen Faktoren beeinflusst. Seine Entscheidungen sind dabei nicht immer rational. Deshalb muss man ihm ein wenig unter die Arme greifen. Man baut ihm sozusagen eine kleine Entscheidungsarchitektur, in der er sich dann so richtig wohl fühlt und die ihn zu guten Entscheidungen führt. Das nennt man ‚libertären Paternalismus‘. Klingt paradox, ist aber eigentlich nur der Versuch, dem Menschen zu helfen, ohne ihm seine Freiheit zu nehmen, sich gegen den vorgeschlagenen Weg zu entscheiden.

Ein Beispiel für Nudges, die auf libertärem Paternalismus basieren, ist die Präsentation von Lebensmitteln auf einem Kantinenbuffet. Liegen auf einem Kantinenbuffet Obst in Griffnähe, Donuts und Plundergebäck aber weiter weg, greifen die Nutzer häufiger zum Obst.

Drei Prinzipien für den Einsatz von „ethischen“ Nudges:

1.Nudges müssen transparent und dürfen nicht irreführend sein.
2.Es sollte so einfach wie möglich sein, sich gegen einen Nudge zu entscheiden.
3.Es sollte gute Gründe dafür geben, dass das durch einen Nudge geförderte Verhalten dem Wohlergehen der Gesellschaft dient.

Nudging – nicht frei von Kritik
Die Annahme, dass der Mensch sich irrational verhält, ist sehr bequem. Man kann ihn dann leicht manipulieren und ihm erklären, was gut für ihn ist. Die Psychologen haben da aber ihre Zweifel. Sie sagen, dass wir vielleicht gar nicht so irrational sind, wie wir scheinen. Unsere Entscheidungen haben oft einen tieferen Sinn, als wir denken. Verhaltensanomalien seien keineswegs als menschliche Defizite zu werten, sondern hätten durchaus einen guten Sinn. Das wirft natürlich ein ganz neues Licht auf den Nudge-Ansatz.

Kritik am paternalistischen Ansatz der Nudges kommt auch aus der Rechtswissenschaft. Der Nudge, ein kleiner Schubs in die richtige Richtung, oder sogar ein kräftiger Stoß in die Freiheit? Die Juristen sind da skeptisch. Sie sehen in den Nudges eine Gefahr für unsere Grundrechte, wo durch paternalistische Nudges die freie Entscheidung eines selbstbestimmten und informierten Individuums missachtet werde. Schließlich wollen wir doch alle selbst entscheiden können, ob wir uns gesund ernähren oder lieber eine Tüte Chips verdrücken.

Auch für die Philosophen ist längst klar: Nudging ist nichts anderes als Manipulation. Sie kritisieren auf normativer Ebene die gesamtgesellschaftlichen Folgen von Nudges, da sie nur schwer mit den demokratischen Grundprinzipien öffentlicher Institutionen vereinbar seien. Wenn wir die Menschen ständig in eine bestimmte Richtung schubsen, wo bleibt dann unsere persönliche Freiheit? Zumal Nudges keine Handlungsgründe liefern.

Auch die Ökonomen sind vom Nudge-Ansatz als erfolgversprechendem Versuch, die Welt zu verbessern, nicht überzeugt. Dahinter steckt vor allem die Frage, ob wir wirklich wissen, was gut für uns ist. Sie bezweifeln die Wirksamkeit. Aus methodischer Sicht wird bemängelt, dass die Betrachtung des Nutzens von Nudging im Vordergrund steht, ohne die damit verbundenen Kosten realistisch zu berücksichtigen. Auch in der Nachhaltigkeitsforschung wird die Wirksamkeit von Nudging als umweltpolitisches Instrument in Frage gestellt.

Der Schlüssel für kluge Entscheidungen
Wie man sieht, ist das Nudging ein komplexes Thema mit viel Pro und Contra. Es besteht noch viel Forschungsbedarf und es sind noch viele offene Fragen zu beantworten. Für Frank Schirrmacher von der FAZ ist Nudging trotz aller Kritik „nicht mehr und nicht weniger als ein Zauberschlüssel, um kluge Entscheidungen zu treffen“.

Über Reinhard F. Leiter
Reinhard F. Leiter war von 1972 bis 1981 in den Funktionen Leiter Aus- und Weiterbildung und Personalleiter in der Bayer Group tätig. Von 1982 bis 2013 leitete er bei Allianz SE das Zentrale Bildungswesen und war Head of Executive Events. Für diese Unternehmen war er auf allen fünf Kontinenten und in über dreißig Ländern tätig.

Reinhard F. Leiter war Gründungsmitglied des „Arbeitskreises Assessment Center-Führungskräfteauswahl und Entwicklung in DACH“ und jahrelang Vorsitzender dieses Vereins.
Er ist heute certified Coach für Unternehmer ,Senior Leaders und Executive Coach bei SELECTEAM.

Reinhard F. Leiter publiziert regelmäßig.

Neu erschienen sind :

„Global Coaching Excellence? A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-060-1 gemeinsam mit Dr. Werner Krings.

Reinhard F.Leiter, „Presentation Excellence – A holistic approach“, Windmühle-Verlag, ISBN 978-3-86451-039-7

Reinhard F. Leiter, „Quality Standards of Presentation Excellence“, www.reinhardfleiter.com
Professional Certificate in Coaching (PCIC) / Foundation in Coaching: Henley Business School at University of Reading GB: Certified

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