Unikate von herausragender kunsthandwerklicher Qualität

Sep 6, 2019

Die perfekte Verbindung von Handwerk, Design und angewandte Kunst: Der NRW Staatspreis für das Kunsthandwerk Manufactum 2019 wurde in 6 Kategorien vergeben.

Unikate von herausragender kunsthandwerklicher Qualität

(Bildquelle: @Harald Krömer)

Köln/Aachen. Handwerkliche Präzision, innovative Gestaltung und ein ausdrücklich erwünschter experimenteller Umgang mit Materialien waren Bewertungskriterien für die Vergabe der NRW Staatspreise für das Kunsthandwerk Manufactum 2019. Wettbewerb und Ausstellung wurden im Auftrag der Landesregierung NRW und der Beratungsstelle für Formgebung der Handwerkskammer Aachen Gut Rosenberg durchgeführt.
Die Preise wurden in sechs Kategorien am 31. August durch die Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen im Auftrag des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen und Schirmherrn des Wettbewerbes Armin Laschet im Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) offiziell verliehen. „Im Mittelpunkt dieses Wettbewerbs steht das Unikat, das selbst entworfene und ausgeführte Objekt. Es bringt sowohl handwerkliches Können im Umgang mit dem Material, als auch kreative und künstlerische Leistung zum Ausdruck“, betonte Isabel Pfeiffer-Poensgen. „Etwas mit dem eigenen Kopf und den eigenen Händen zu gestalten, zeigt in unserer hochabstrahierten und spezialisierten Welt eine große kreative Kompetenz, die wir mit diesem Preis würdigen und in die Öffentlichkeit rücken möchten.“
Alle 128 in die Vorauswahl gekommenen Exponate werden im MAKK vom 31. August bis zum 13. Oktober 2019 im Rahmen einer Sonderausstellung gezeigt.

Kategorie Schmuck / Trilogie einer Verwandlung

Leere, die durch einen Trauring entsteht, wenn der zugehörige Mensch fehlt. Eine Brosche, die zurückhaltend einen offenen Rahmen schafft, ein Gefäß, das durch seine Herstellungsweise bewegt und überzeugt, ein Medaillon, welches durch seine Klarheit begeistert: Es ist das Gesamtbild, welches die Jury überzeugt hat. Zum einen der gut durchdachte und poetische Hintergrund, der keines der Schmuckstücke von Andrea Schmidt willkürlich erscheinen lässt, zum anderen eine sorgfältig durchgearbeitete Gestaltung, die nicht von einem Trend oder einer Modeerscheinung geprägt ist, sondern eine eigene Formsprache entwickelt. In der Kategorie „Schmuck“ wird die Dortmunderin mit ihrer Arbeit „Trilogie einer Verwandlung“ ausgezeichnet. Die aus drei Einzelstücken bestehende Arbeit zeigt eine handwerkliche Ausgestaltung in verschiedenen Techniken auf hohem Niveau.

Kategorie Medien / Plastik Army

Stimmungsvolle Landschaften, Idylle am Wasser – durch ihre farbliche und kompositorische Ästhetik ziehen die Bilder von Dirk Krüll die Blicke auf sich. Doch der zweite Blick entsetzt, es handelt sich statt um ein wunderschönes Naturspektakel um die bewusste Inszenierung eines der größten zeitgenössischen Probleme – der Umweltverschmutzung. Höchste handwerkliche und fotografische Kompetenz verbindet sich in dem Werk des Düsseldorfer Fotografen mit künstlerischer Haltung und gesellschaftspolitischem Anspruch. Die Arbeit Plastic Army zeigt, welche wichtige Rolle das Kunsthandwerk im Zeitalter von Massenmedien und Globalisierung spielen kann. Dirk Krüll erhält für sein außergewöhnliches Projekt den Staatspreis in der Kategorie Medien.

Kategorie Kleidung und Textil / Von der blauen Blume

Der konzeptionelle Ansatz der im Bereich „Kleidung und Textil“ ausgezeichneten Arbeit „Von der blauen Blume“ von Veronika Moos aus Bergisch Gladbach untersucht und dokumentiert die vielfältigen Facetten der Leinengewinnung und der Leinenverarbeitung. Das Projekt reflektiert historische wie auch zukunftsgerichtete Aspekte der Leinengewinnung in verschiedenen Arbeitsschritten. Die Ernten aus acht europäischen Regionen werden mit der Hand versponnen und von Hand zu einem einundzwanzig Meter langen Gewebe verarbeitet. Die einfachste und grundsätzlichste Webtechnik, die Leinwandbindung, wird zum Medium und Träger dieser Erzählung. Der komplexe handwerkliche, ökologische und kulturelle Ansatz des Projektes, das sich in einem ausdrucksstarken Gewebe von größter Schlichtheit, perfekter Einfachheit und sinnlicher Ästhetik manifestiert, überzeugte die Jury.

Kategorie Möbel / Sitzen

Getragen und Gehalten werden, das wünschen sich Sitzende von einem Stuhl. Die damit verbundenen Anforderungen an Material, Konstruktion und Formgebung machen ihn zu einer anspruchsvollen Aufgabe. Dieser Herausforderung hat sich der Aachener Handwerksdesigner Hans Paul Pümpel gestellt und sie in Form und Konstruktion schlicht, modern und preiswürdig gelöst. Die Gesamterscheinung ist geprägt vom feinen Kontrast, der zwischen dem sich geradlinig nach oben verjüngendem Gestell und den gebogenen, dünnen Schalen des Sitzes und der Lehne entsteht. So entsteht eine zurückhaltende, aber leicht dynamische Gesamtwirkung, die durch die Verwendung des fast weißen Eschenholzes wirkungsvoll unterstützt wird. Angenehm zum Sitzen und ein Vergnügen für das Auge wie die Jury befand.

Kategorie Skulptur / HautHemd

Die Haut als eine reagierende, fühlbare Grenze zwischen dem Ich und der Außenwelt und zugleich Innen- und Außenseite eines Individuums, das Ablegen alter Haut, die Hülle als Metapher für Veränderung oder des Übergangs, die Verletzlichkeit des Nackten, Offenen und Schutzlosen – All diese Gedanken schwingen in der vielschichtigen Arbeit HautHemd der Aachener Künstlerin Claudia Merx mit. Sie eröffnet Assoziationsräume zwischen Vertrautem und Fremdem, Schwere und Leichtigkeit, Innen und Außen, Leere und Fülle, einem „Dazwischensein“. Ein zusammengenähtes fortlaufendes Band aus Mullbinden bildet die Arbeit „HautHemd“. Diese archaische Körperhülle ist transparent und wirkt in ihrer Materialität leicht und fragil und doch ist sie ein Schutzkleid vor Verletzungen. Die Arbeit überzeugte die Jury durch ihre hervorragende subtile künstlerische Idee und Qualität der handwerklichen Umsetzung.
Kategorie Wohnen / Zwei mit 2990 Ecken
Das Ballonvasenpaar von Maria Wieding-Kalz aus Rosendahl-Holtwick fasziniert durch sein Spiel mit den Kontrasten. Lebendig und aufregend durch die außergewöhnliche Oberflächenstruktur bewahrt es sich dennoch den statischen und in sich ruhenden Charakter der Außenform. Aus einer Linienführung, die sich geometrisch exakt um die Mittelachse entwickelt, entstehen reliefartig herausgearbeitete Dreiecke. Neben senkrechten und waagrechten Begrenzungen, bringt eine geschwungene Linie Dynamik in die Fläche. Eine Richtungsänderung, die im Vasenpaar seitenverkehrt ausgeführt ist, erhöht zusätzlich die Spannung. Logisch und konsequent vollendet die schwarzweiße Farbgebung der Glasur das Konzept der paarweisen Gegensätze. Die Gestaltung der Oberfläche befreit sich aus der Zweidimensionalität der grafischen Idee und betont das Volumen der Vasenkörper. Die meisterhafte Präzision in der Ausführung und die künstlerische Gestaltung überzeugten das Preisgericht.

Die Akademie für Handwerksdesign Gut Rosenberg ist ein Bildungszentrum der Handwerkskammer Aachen. 1985 als Pilotprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Wirtschaft begonnen und seit 1994 in Gut Rosenberg in Aachen-Horbach beheimatet, gehört die Akademie heute zur bundesweiten Spitze der Gestaltungsakademien.

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Akademie für Handwerksdesign Gut Rosenberg
Beate Amrehn
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