Schicksale, für die man das Beste hofft – Wie Blätter im Wind – Ein historischer Roman von Edgar Andre –
Pressemitteilung von: Ditmar Danelius
Es gibt Bücher mit Seltenheitswert. Sie sind in einem Milieu angesiedelt, um das sich Literatur ansonsten nicht kümmert. Zu karg sind Land und Leute. Es fehlt der Glanz, es fehlt an Romantik, an sprachlicher Artistik, die hier fehl am Platze wäre; denn es geht um das Leben ganz einfacher Leute, die immer und immer wieder auf der Verliererseite stehen, hineingeboren in eine unwirtliche Welt. So wie in WIE BLÄTTER IM WIND von Edgar Andre.
Man spürt, sieht, riecht auf jeder Seite des historischen Romans, der ein Zeitgemälde Berlin-Brandenburgs – und darüber hinaus – von 1912 bis 1919 in wilhelminischen Grautönen der armen Leute ausbreitet, detailliert, voll Mitgefühl und gnadenlos realistisch, dass dem Autor die Worte aus dem Herzen kommen, die Schicksale seiner literarischen Gestalten weh tun, dass er weiß, wovon er schreibt, dass seine Protagonisten Fleisch von seinem Fleische sind, Seelenverwandte, Blutsverwandte. Menschen wie er. Seinesgleichen. Geboren, gelebt, gelitten, geliebt wie er es getan hätte, wie seine Verwandten und Bekannten, wie seine Eltern und Großeltern und Urgroßeltern ihr Leben erlitten haben. – Ihnen gibt er Gesicht und Sprache, den ansonsten Gesichts- und Sprachlosen. Das ist das Verdienst des Buches, es macht die kleinen Leute groß und stark, es erzählt die bewegende Dramatik ihres Lebens.
Erzählt wird die Geschichte des Hans Fülbert und seiner Familie. Brandenburger Landarbeiter, die letzten, die allerletzten in der sozialen Hierarchie. Jedes Tier ist zu beneiden angesichts ihres Schicksals. Das liebe Vieh ist den Gutsherrenfamilien wertvoller als die, die es täglich zu bewirtschaften haben. Der Landarbeiteralltag wird fassettenreich von der dämmernden Morgenstunde bis zum erschlaffen der Kräfte allabendlich geschildert.
Um es gleich zu sagen: Edgar Andre ist ein Pseudonym. Kein ungefähres. Edgar Andre ist Programm, Vorbild, Ahne und Pate des Buches. So wie der unerschrockene kommunistische Kämpfer verlor auch der Autor, noch ein Kind, seinen Vater, brachte die Mutter unter prekären Verhältnissen allein zwei Kinder durch, so wie Edgar Andre will der Autor sein. Gerecht, mutig, charakterstark. Und so entwickelt er Männer, die sich eingraben ins Herz des Lesers. So lässt er Frauen lebendig werden, deren Schicksale man nicht vergisst, die einen ein Leben lang begleiten werden.
Der Autor reißt das Hemd auf, er zeigt sich so wie er ist. Er zeigt seine Figuren so wie sie sind. In all ihrer Größe, in all ihrer Verzagtheit, in all ihrer Widersprüchlichkeit. Sie ducken sich, sie stehen auf, sie kämpfen, sie unterliegen, sie sterben. Sie haben die Hölle auf Erden. Sie gehen durch die Hölle des Landlebens auf Brandenburgs Adelsklitschen. Hungernd, frierend, ausgebeutet bis auf die Knochen. Sie suchen in den Elendsquartieren des rasant wachsenden Molochs Berlin ein anderes Leben. Sie durchleiden die seelenbrechende Kälte der Großstadt und erfahren die wärmende Solidarität der kleinen Leute – die für den Autor mit der Selbstverständlichkeit ihrer Hilfsbereitschaft die großartigsten Menschen sind, denen man begegnen kann.
Der Leser erlebt mit den Männern aus den Fabriken – die von den leichtfertig Herrschenden unter demagogischen Trommelfeuer der wilhelminischen Journaille in Krieg und Verderben geschickt werden – die Hölle des Stahlgewitters des ersten großen Krieges, er spürt die Läuse auf der Haut der verdreckten Soldaten, er hört die Schüsse, die ihnen um die Ohren pfeifen, er spürt wie ihnen das Blut angesichts des viehischen Schlachtgetümmels in den Adern gefriert, er empfindet ihr Aufbegehren und ihre Angst, das Sterben, ihr Flämmchen Hoffnung dem Grauen zu entkommen.
Hans Fülbert entkommt. Aber die Tragik der kleinen Leute nimmt kein Ende. Wieder glauben sie den falschen Leuten, die schon so viel Schuld auf sich geladen haben. Sie glauben den Parteiführen in schwarzem feinen Zwirn, die, nachdem sie ihr Parteivolk auf den Schlachtfeldern Europas verbluten ließen, lupenreine Demokraten geworden sind, die Macht der blutjungen Republik, die nicht auf ihrem Mist gewachsen ist, an sich reißen. Und die, die die Republik mit ihrem Blut gespeist haben, die werden verraten, gejagt, erschlagen, erschossen.
Hans Fülbert verzweifelt nicht, was ihn nicht umbringt, macht ihn stärker. Er lernt. Er kämpft. Er geht seinen Weg. Er lernt eine Revolutionärin kennen, die Rosa Luxemburg beim Schreiben des SPARTAKUS hilft.
Hans Fülbert ist wie sein Vater, groß, kräftig, unverwüstlich. Heinrich Fülbert ist Kriegsdienstverweigerer. Auch er überlebt – bei Wassersuppe und trocken Brot in preußischen Gefängnissen – den Krieg; denn bevor man ihn langsam und qualvoll bei Fronarbeit verhungern lässt, flieht er durch die Katakomben der Gefängniskloake in die Freiheit, schließt sich nach abenteuerlichen Fahrten auf den Schienensträngen des Reiches in Polen russischen Partisanen an und erlebt das Grauen des gegenseitigen Abschlachtens der Weißen und Roten.
WIE BLÄTTER IM WIND ist ein rasantes Buch. Man liest es als sähe man einen Film. Schnell wechselnde Szenen erhöhen die Spannung, das Buch wird immer kraftvoller, dramatischer, die Protagonisten in Sprache, Zeichnung, Charakter immer schärfer und präziser, immer lebendiger treten sie vor den Augen des Lesers. Man kann das Buch nicht aus den Händen legen, bis zur letzten Seite fesseln einen die Schicksale, weil man immer das Beste für sie hofft…
Ditmar Danelius
Taschenbuch 19,94 Euro
Kindle Edition 4,99 Euro
Print-Ausgabe: 789 Seiten
ISBN 1521244154
Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
Edgar Andre
Email: edgar-andre@freenet.de
10965 Berlin.