Ein Beitrag von Professor Dr. Marion Schick, Vorstand Personal.
Die Schuldigen sind schon gefunden, die Technik ist es: Handystress und Smart-phone-Terror bedrohen unser Wohlbefinden, machen uns mürbe und krank. Der permanente Erreichbarkeitswahn führt zu mentaler Erschöpfung – neudeutsch „Burnout“. Ja, unsere modernen Kommunikationsmittel machen die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit durchlässiger.
Aber: Nicht die Möglichkeiten der Technik sind das Problem, sondern – wie immer – der Umgang damit in einer verantwortlichen Grundhaltung ist es. Übertragen auf die Beziehungen zwischen Chefs und Mitarbeitern heißt das: Wo Führung versagt, fängt Burnout (leichter) an.
Regelungen, die helfen, den vernünftigen Umgang mit Mails und Telefonaten im Unternehmen zu regeln, sind wichtig. Die Deutsche Telekom hat das als eines der ersten Unternehmen getan. Mitarbeiter können sich auf diese Regelungen berufen. Solche Vereinbarungen können aber nur flankierend wirken.
Was braucht es also für Fähigkeiten, Menschen durch die Verführungen der Allzeiterreichbarkeit zu führen? Erst einmal zu verstehen, dass man es mit erwachsenen Menschen zu tun hat, die man fordern kann und muss. Gleichzeitig für eine Kultur zu sorgen, in der Überforderung auch gesehen wird, durch den Mitarbeiter angesprochen werden kann und dann Abhilfe geschaffen wird.
Führung nach „Gutsherrenart“ sollte ja längst auf dem Müllhaufen antiquierter Führungsstile vermodern, kommt in der betrieblichen Praxis aber immer wieder vor. Aber Achtung: Aus lauter Angst vor Überforderung der Mitarbeiter in das andere Extrem zu verfallen – also gar nicht viel zu fordern und möglichst wenig zu entscheiden – macht die Sache nicht besser. Auch das kann krank machen, weil Orientierung und Halt fehlt.
Kluge Führung verlangt, auf den Einzelnen einzugehen. Wer Führung beherrscht, weiß wann er stärker steuernd eingreift und wann er sich zurückziehen muss. Nicht jede Mail, die nach „Feierabend“ geschrieben wird, überfordert die Mitarbeiter. Als klug Führende mache ich mir aber bewusst, was sie eventuell beim Empfänger auslöst. Daher überlege ich mir einmal mehr, ob ich diese Mail nicht auf den nächsten Arbeitstag verschiebe. Und das, was die Mail auslöst, hängt ganz wesentlich von der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ab – da ist von Angst bis hin zur hoch inspirierenden Anregung des gemeinsamen Arbeitens an einer Lösung alles drin.
Kann man Burnout-vermeidendes Führen lernen? Man(n) und Frau muss. Außerdem ist bei der Auswahlentscheidung für Führungskräfte anzusetzen. Oftmals steht bei Besetzungsentscheidungen von Führungskräften – insbesondere im mittleren Management – viel zu sehr die fachliche Expertise im Vordergrund. Obwohl wir alle wissen, dass die Sozialkompetenz und die persönliche Kompetenz der Führungskraft mindestens ebenso wichtig sind.
Offene und ehrliche Gespräche sind die Basis für eine wertschätzende Unternehmenskultur – auch, wenn es über den Sinn und Unsinn von Mails und Telefonaten nach Feierabend geht. Das ist dann die beste Waffe gegen E-Mail-Terror und Handy-Stress.
Quelle pressrelations.de