Seit Oktober 2001 können Verbraucher in Deutschland eine unabhängige Schlichtungsstelle anrufen, wenn sie im Streit mit ihrer Versicherung liegen. Insgesamt gingen beim Ombudsmann Prof. Günter Hirsch in Berlin 18 357 Beschwerden von Versicherungsnehmern ein, davon waren 12 982 Eingaben zulässig. Wie der Auto- und Reiseclub Deutschland (ARCD) meldet, stieg der Anteil der Sparte Kfz-Haftpflicht- und Kasko-Versicherung dabei auf 11,2 Prozent. Vier Jahre zuvor waren es erst 6,6 Prozent gewesen.
Den Anstieg führt der Ombudsmann auch auf die gewachsene Akzeptanz und den steigenden Bekanntheitsgrad der Schlichtungsstelle zurück. Für alle Sparten zusammen (außer Lebens- und Rentenversicherungen) nennt diese für den Verfahrensausgang eine durchschnittliche Quote von 38,2 Prozent zugunsten der Beschwerdeführer.
Zum ersten Mal befasste sich die Schlichtungsstelle im vergangenen Jahr mit Eingaben und Anfragen, die im Zusammenhang mit der Insolvenz eines Versicherers im Sommer 2010 standen. Die niederländische International Insurance Corporation (IIC) hatte unter den Marken Ineas und LadyCarOnline in Deutschland nach Angaben der Schlichtungsstelle rund
58 000 Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherungsverträge in Deutschland abgeschlossen.
Die Pleite der Onlineversicherer brachte den Kunden laut Ombudsmann Hirsch „völlig neuartige und teilweise dramatische Probleme“. So erreichten den Schlichter Anfragen, ob mit der Zahlungsunfähigkeit des Versicherers der Haftpflicht-Versicherungsschutz erloschen sei, ob man nun ohne Kaskoschutz in den Urlaub fahren müsse und ob man sofort einen neuen Vertrag bei einem anderen Versicherer abschließen dürfe. Viele Menschen hatten Sorge, ob und wie der zustehende Schadensfreiheitsrabatt korrekt an den neuen Versicherer weitergemeldet wird. Auch Antworten auf die Frage, wie mit Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber der insolventen Versicherung zu verfahren sei, wollten verunsicherte Fahrzeughalter haben. Zahlreiche Beschwerdeführer beklagten sich zudem bei der Schlichtungsstelle, dass es auf Seiten des insolventen Versicherers keinen Ansprechpartner mehr für sie gab.
Für den Ombudsmann zeigt der Fall, dass dringend europaweit einheitliche Mindeststandards zum Schutz der Versicherungsnehmer im Insolvenzfall nötig seien. Es widerspreche der Idee von gleichen Wettbewerbsbedingungen, dass Verbraucher in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten nicht auf die gleiche Weise abgesichert sind. Es dürfe auch nicht sein, dass Versicherer in einem anderen Mitgliedsstaat Niedrigpreispolicen anbieten, ohne die Kunden über Lücken im Verbraucherschutz zu informieren. Der Ombudsmann wirft die Frage auf, „wie die Versicherungsaufsicht effektiv zu regeln ist, wenn ein Versicherungsunternehmen grenzüberschreitend Versicherungen anbietet“.
Der ARCD erinnert daran, dass die genannten insolventen Anbieter auf Bewertungsportalen und bei Testvergleichen durchaus auf gute vordere Plätze kamen. Dies zeige einmal mehr, dass bei der Entscheidung für eine Versicherung nicht nur die Höhe der Tarife, sondern auch das „Kleingedruckte“ zum Thema Verbraucherrechte gründlich geprüft werden sollte. Billig sei nicht automatisch gut, so der Club. (ampnet/jri)
Redaktion Auto-Medienportal.Net
Quelle pressrelations.de