hKinski ist wieder da! In einem Film, der beinahe 37 Jahre auf seine Veröffentlichung gewartet hat. Der Auftritt des Altmeisters der Rezitation am 20. November 1971 in der Berliner Deutschlandhalle war skandalös und ist nun erstmals im Kino zu sehen.
Der Film zeigt einen Kinski, der brennt, der schreit, der weint. Mit seinem eigenen Text „Jesus Christus Erlöser“ will Klaus Kinski dem Publikum die großartigste Botschaft vermitteln, die er sich vorstellen kann, aber die provokativen 68er in den vorderen Reihen erzeugen eine Stimmung, in der Kinski eine Vorstellung gibt, die er selbst wohl so nicht geplant hatte. Mit „Jesus Christus Erlöser“ gibt Kinski ein Stück von sich selbst preis. Er will dem Publikum seine persönliche Version des Evangeliums nahe bringen. Es ist keine blasphemische – im Gegenteil. Er spricht für die Armen, die Obdachlosen, die Verfolgten, die Verurteilten, für alle Benachteiligten, für die, denen Jesus in der Bibel Erlösung versprochen hat. Kinskis Jesus ist ein politischer Agitator, der keiner Partei angehört, aber sich für alle Entrechteten einsetzt. Für Wahrheit und Gerechtigkeit. Der Vortrag beginnt mit Kinskis starker, gefasster Stimme, die leise aber eindringlich das Publikum in seinen Bann zieht.
Es dauert kaum 5 Minuten, bis erste Zwischenrufe kommen. Das Publikum ist 1971 ein anderes als man heute auf einer solchen Veranstaltung erwarten dürfte. Es möchte mitreden, diskutieren und verweigert sich Kinskis Autorität. Kinski reagiert sofort und beginnt, seinen Text zu improvisieren, um die Zwischenrufer zur Ruhe zu bringen. Ursprünglich etwa lautete die Beschreibung Jesu „er trägt nie Uniform“, spontan ergänzt Kinski „und hatte keine große Schnauze!“ Das ist nur der Auftakt zu einem verbalen Kampf zwischen dem autoritären Kinski und den 68ern. Kinski ist sichtbar bewegt. Er schreit, er brüllt, beschimpft die Provokateure. Mit Tränen in den Augen spricht er von der Liebe und Barmherzigkeit, mit Hass predigt er gegen die Priester und Gesetzgeber, mit denen er jetzt das Publikum identifiziert. Der offene Widerwillen aus Teilen des Publikums gegen seine Darstellung der Bibel entzündet in Kinski ein Feuer, das er selbst nicht mehr kontrollieren kann. Mit brennendem Herzen eifert er von der dunklen Bühne herunter gegen die, die für ihn eins werden mit den Feinden des Erlösers. Die Kamera fängt einen einsamen Kinski im Scheinwerferlicht vor einem schwarzen Hintergrund ein.
Die Provokateure nennen ihn „Arschloch“, „Phrasendrescher“ und „Faschist“. Kinski kontert mit biblischen Worten: „Wäret ihr doch heiß oder wenigstens kalt, aber ihr seid nur lauwarm, und ich spucke euch aus!“ (aus der Offenbarung). Immer wieder versucht Kinski, zu seinem Text und seiner Fassung zurückzufinden. Zweimal unterbricht er und geht von der Bühne, beim dritten Mal wird die Veranstaltung beendet. Ein paar Dutzend treue Anhänger bleiben im Saal. Nach Mitternacht geht Kinski zu ihnen und kann endlich seinen Text über Jesus Christus, den Erlöser, rezitieren. Auch er wirkt nun erlöst.
Ein Film, der ohne Drehbuch und Dramaturg auskommt. Nie sah man Klaus Kinski so echt und so emotional. Liebe, Wut, Hass und Verzweiflung rauschen in einem atemberaubenden Amoklauf über Kinskis Gesicht. So authentisch kann nur einer sein, der an das glaubt, was er sagt. Kinskis Resümee des Abends zeugt von seiner Enttäuschung, aber auch von seiner Identifikation mit „Jesus Christus Erlöser“: „Das ist ja wie vor 2000 Jahren. Dieses Gesindel ist noch beschissener als die Pharisäer. Die haben Jesus wenigstens ausreden lassen, bevor sie ihn angenagelt haben.“
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Quelle (openPR)