Verletzungen beim Fußball

Juli 14, 2008
Obst und Medizin

Fußball ist die weltweit am weitesten verbreitete Sportart. Aufgrund der Spieldynamik und -intensität sind die Spieler sowohl akuten Läsionen als auch chronischen Stressverletzungen ausgesetzt. Dabei sind vor allem Füße, Sprung- und Kniegelenke betroffen.
Wie auch bei vielen anderen Sportarten weist der Fußball sowohl extrinsische als auch intrinsische Faktoren auf, die das Entstehen von Verletzungen beeinflussen (siehe nebenstehende Tabelle). Aufgrund der hohen Bodenhaftigkeit und des vermehrten Körperkontakts besteht beim Hallenfußball gegenüber dem Fußball im Freien eine sechsfach erhöhte Wahrscheinlichkeit, sich zu verletzen. Im Wettkampf passieren doppelt so viele Unfälle wie im Training. Typische akute Verletzungssituationen stellen der kompetitive Zweikampf, der Kopfballeinsatz (Kollision, Landung), der schnelle Richtungswechsel und die physische Ermüdung dar. Des Weiteren wurde nachgewiesen, dass ein mangelndes Aufwärmen, alte Verletzungen und eine inadäquate Rehabilitation einer möglichen Verletzung vorausgehen können.
Gefährdetes Sprunggelenk
Im Fußball sind das obere Sprunggelenk (OSG) und der Fuß die am meisten lädierten Körperstellen. Am häufigsten kommt es durch ein typisches Inversionstrauma (Umknicken) zur Zerrung oder Ruptur des lateralen OSG-Bandapparats. Seltener, jedoch mit schwerwiegenderen Folgen, kann ein Eversionstrauma zu einer akuten, medialen OSG-Bandinstabilität führen. Solche repetitiven OSG-Distorsionen können im Verlauf zu einer chronischen OSG-Instabilität führen, die wiederum ein Rückfuß-Malalignement (Fehlausrichtung) und eine instabilitätsbedingte Degeneration des OSGs (ligamentäre posttraumatische OSG-Arthrose) bedingen kann. Außerdem können bei solchen Distorsionsläsionen auch akute oder chronische osteochondrale Läsionen des OSGs entstehen, die als lokale Frakturen oder lokale Arthrosen zu behandeln sind. In einer sportorthopädischen Praxis wird als weitere fußballtypische Entität das so genannte „Soccer Ankle“ gesehen. Dabei kommt es durch wiederholte Traumen des ventralen OSGs (Tibia, Talus) zu einer Synovitis und Osteophytenbildung mit Impingement-Symptomatik und Dorsalextensionsdefizit. Wie in anderen Ausdauer- und Stop-and-Go-Sportarten kommen auch im Fußball Achillessehnenläsionen vor. Diese können von der degenerativen chronischen Tendinose bis hin zur akuten Peritendinitis, der partiellen und kompletten Sehnen-Ruptur reichen. Im Bereich der chronischen Überlastungsschäden können zudem Stressfrakturen des Fußskeletts (zum Beispiel Metatarsale II und V) auftreten. Diese können mit einem Malalignement des Fußes, einer schlechten Schuhausrüstung, einer saisonalen Überlastung und dem Ernährungszustand korrelieren. Als Fußball-Pathologien im Unterschenkelbereich gelten die Shin-Splints, welche häufig mit einem pathologischen Malalignement, Abrollverhalten des Fußes und Schuhausrüstung zusammenhängen sowie das funktionelle Unterschenkel-Kompartmentsyndrom bei Belastung.
Knackpunkt Knie
Das Kniegelenk ist nach dem OSG das am zweithäufigsten verletzte Gelenk beim Fußball. Hierbei werden in der Akutsituation am häufigsten Kniedistorsionen mit einer Kollateralbandläsion, vordere Kreuzband-(VKB)-Rupturen, Meniskusläsionen, osteochondrale Läsionen, hintere Kreuzbandläsionen und komplexe Bandinstabilitäten dokumentiert. An chronischen Verletzungen kommen häufig degenerative Meniskusläsionen, chonische osteochondrale oder chondrale Läsionen, chronische Bandinstabilitäten, pathologische Achsenfehlstellungen und ein Runner’s Knee vor. Die VKB-Ruptur entsteht typischerweise bei einem Valgus-Außenrotations-Pathomechanismus des Kniegelenks, häufig zusammen mit einer gleichzeitigen medialen Bandapparat- und Meniskusverletzung („Unhappy Triad“). Bei einer solchen akuten Kniegelenksläsion kommt es durch das schmerzhafte Hämarthros, die akute Instabilität und den eingeklemmten Meniskus zum sofortigen Ausfall des Spielers und der Notwendigkeit einer operativen Rekonstruktion (VKB-Ersatz, Meniskusnaht, Teilmeniskektomie). Diese kann die Biomechanik und Funktion des Gelenks wiederherstellen und den Spieler nach einer soliden und monatelangen Rehabilitation „back to the game“ bringen. Als Folgezustände können in diesem Zusammenhang Restinstabilitäten und eine posttraumatische Arthrose gesehen werden. Ähnlich wie beim OSG können zudem akute oder chronische osteochondrale oder chondrale Läsionen des Kniegelenks zu einer Reduktion der Leistungs-und Sportfähigkeit des Athleten führen. Solche Läsionen entstehen häufig durch akute Abscherverletzungen bei Distorsionen oder chronische Achsenfehlstellungen, Meniskusläsionen oder Band-Instabilitäten. Eine chirurgische Therapie ist bei diesen symptomatischen osteochondralen Entitäten häufig unabdingbar und dient der lokalen osteochondralen Defektbehandlung und der Korrektur aller pathobiomechanischen Faktoren (zum Beispiel Bandrekonstruktion, Achsenkorrekturen).
Anfälliger Oberschenkel und schmerzhafte Leiste
Am Oberschenkel können Muskel(faser)risse und Muskelläsionen mit intramuskulären Hämatomen zu einer akuten Sportunfähigkeit führen. Nicht belastungsadaptierte (ungenügendes Aufwärmen, Unterkühlung, Ermüdung) und Zweigelenk-Muskeln (M. rectus femoris, M. semitendinosus etc.) sind für solche Muskelverletzungen prädestiniert. Hier ist die sofortige Therapie zur Blutungseinschränkung mit Druckverband, Kühlung, Muskelentspannung, Schonung und Analgesie von größter Wichtigkeit. Im Hüftbereich sind chronische Leistenschmerzen bei Fußballern relativ häufig. Die Leistenschmerzen können auf zahlreichen verschiedenen Ursachen beruhen, zum Beispiel Adduktorensyndrom, Hüftimpingement, echte Leistenhernie, Nervenimpingementsyndrom, Iliopsoas-Syndrom. Aus diesem Grund kann eine erfolgreiche Therapie nur durch eine solide und komplette Diagnostik erreicht werden.
Prävention vor Therapie
Wie auch bei anderen Sportarten müssen sportorthopädische Verletzungen im Fußball grundsätzlich früh erfasst und therapiert werden. Der behandelnde Arzt soll den Athleten über die notwendigen Therapieschritte und den Rehabilitationsprozess mit einer genügend langen Rekonvaleszenz sowie die kurz- und langfristigen Risiken aufklären. Zudem sollte er mit allen betreuenden Personen (Physiotherapeut, Trainer, Eltern etc.) kommunizieren und so das individuell optimale Behandlungskonzept ausarbeiten. Da eine zu kurze Rehabilitation mit einem erhöhten Verletzungsrisiko korreliert, ist das Weiter- beziehungsweise Wiederspielen mit einer noch nicht vollständig verheilten Verletzung stark risikobehaftet. Die beste Therapie stellt die Prävention dar. In diesem Sinne hat die FIFA ein Verletzungs-Präventionsprogramm „The 11 – The Prevention Program“ herausgegeben (www.fifa.com), das beim Aufwärmen oder Training eingebaut werden kann.
Info: Einflussfaktoren auf Verletzungen des Fußballspielers
Extrinsische Faktoren
– Bodenbeschaffenheit (Halle, Rasen etc.)
– Ausrüstung (Schienbeinschoner, Schuhe, Sohlenhärte, Anzahl und Lage der
Stollen, Einlage etc.)
– Aufwärmen
– Trainings-/Spielausmaß (Übertraining, Überbelastung)
– Spielmodus, Spielregeln (Gegnerkontakt, Kopfball, Training, Wettkampf, Fairplay etc.)
– Wetter
Intrinsische Faktoren

  • physische Leistungsfähigkeit (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit)
  • psychische Leistungsfähigkeit
  • Muskelschwäche
  • artikuläre Instabilitäten
  • alte Verletzungen
  • inadäquate Rehabilitation
  • Ernährung
  • Female Athlete Triad (Essstörung, Menstruationsstörung, Osteopenie/-porose)
  • pathologische Achsendeviationen (Pes planovalgus, Pes cavovarus, Genu valgum, Genu varum)

Info: Die häufigsten Fußball-Verletzungen der unteren Extremität
Sprunggelenk und Fuß
– OSG-Distorsionen, -Bandläsionen, -Bandinstabilität, Syndesmose-Läsionen
– osteochondrale und chondrale Läsionen
– Soccer Ankle
– Achillessehnenläsionen (Tendinose, Peritendinitis, Rupturen)
– Stress-(Metatarsale II, V (Jones) etc.) und akute Frakturen
– Turf Toe, Sesamoidfrakturen
Kniegelenk
– Menisken
– Kollateralbänder
– vordere und hintere Kreuzbandrupturen
– osteochondrale und chondrale Läsionen
– Sehnenläsionen
– komplexe akute Instabilitäten
– Runner’s Knee, Jumper’s Knee
– chronische Instabilitäten
Kniegelenk
– Leistenschmerzsyndrom: femoroacetabuläres Impingement, Hernien, Nervenentrapment-Syndrome, Adduktoren-Syndrom, ISG-Pathologien, Stressfrakturen etc.
– Muskel(faser)risse, muskuläre Dysbalancen
Unterschenkel
– Shin-Splint
– funktionelles Logensyndrom
– Tibiastressfraktur
Autor:
PD Dr. med. Dr. phil. Victor Valderrabano
Orthopädische Universitätsklinik, Behandlungszentrum Bewegungsapparat
Universitätsspital Basel, Schweiz
Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische
Sportmedizin (GOTS)
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Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS)
Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) ist der weltweit zweitgrößte Zusammenschluss von Sportorthopäden und Sporttraumatologen. Sie ist die erste Adresse in der Versorgung von Sportverletzungen und damit ein Garant für Seriosität, Kompetenz, Erfahrung sowie Beratungsstärke und Qualität in der sporttraumatologischen Versorgung.
In der GOTS sind über 600 der führenden Sportärzte im Bereich der Orthopädie und Traumatologie aus dem deutschsprachigen Raum zusammengeschlossen. Neben der Sicherstellung der kompetenten Versorgung sportverletzter Patienten setzt die GOTS qualitative Standards für deren Behandlung. Der Wissenstransfer und Gedankenaustausch findet auf dem jährlich in München stattfindenden internationalen GOTS-Kongress statt.
Ein wesentlicher Schwerpunkt der GOTS ist die Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte in der orthopädisch-traumatologischen Sportmedizin. Dazu bietet die GOTS Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie ein Fellowship-Programm in Europa und Asien an. Darüber hinaus ist die GOTS Herausgeber der Zeitschrift „Sportorthopädie – Sporttraumatologie“ und des GOTS-Manuals der Sporttraumatologie.
Die GOTS hat durch die Mitgliedschaft von Verbands- und Olympia-Ärzten einen intensiven Bezug zur Hochleistungsmedizin. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen vermitteln sie in dem jährlich stattfindenden Intensivkurs für Wettkampfmedizin.
Quelle (openPR)

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