Ein französischer Forscher suchte nach dem Auslöser der chronischen Darmentzündung Morbus Crohn. Das Ergebnis ist beunruhigend, denn als Verursacher fand er kälteliebende Organismen, die ausgerechnet im Inneren von Kühlschränken eine ökologische Nische gefunden haben.
Diese Außenseiter der Evolution tragen exotische Namen wie Alteromonas, Psychrobacter beziehungsweise Yersinia und Listeria. Im Gegensatz zu den wärmeliebenden Spezies wachsen die kälteliebenden Mikroorganismen bevorzugt bei niedrigen Temperaturen zwischen –2 und + 15 Grad Celsius.
Mit einem Trick hat es die Evolution geschafft, ihnen das Überleben zu ermöglichen. So besitzen die Enzyme dieser Organismen diverse Komponenten, die eine Zerstörung des Eiweißes durch Kälte verhindern. Das macht sie auch für die Wirtschaft interessant. Bedeutung haben bisher unter anderem kälteaktive Proteasen, Amylasen und Lipasen erhalten. Im Gegensatz zu den wärmeliebenden Bakterien kommen die kälteresistenten Mikroorganismen auch direkt zum Einsatz, etwa in der Käsereifung und der Milchproduktherstellung.
Offensichtlich haben diese Mikroben aber zwei völlig unterschiedliche „Gesichter“. Repräsentieren die Gattungen Alteromonas und Psychrobacter als Helfer der Menschheit den „Dr. Jekyll“ unter den Mikrorganismen, dann sind andere Arten wie Yersinia und Listeria offenbar in die Rolle des „Mr. Hyde“ geschlüpft. Das zumindest behauptet der französische Mikrobiologe Professor Jean-Pierre Hugot vom Robert-Debré-Krankenhaus in Paris. Seiner Meinung zufolge hängt die große Ausbreitung der Darmkrankheit Morbus Crohn unmittelbar mit den Kühlschränken in den Haushalten zusammen.
„Kälteresistente Bakterien mit einer Vorliebe für Lebensmittel konnten über die Kühlgeräte leichter mit Menschen in Berührung kommen“, versichert der Forscher. Die Bakterien der Arten Yersinia und Listeria fühlten sich in Lebensmitteln wie Fleisch, Käse und Salat bei Kühlschranktemperaturen besonders wohl. Besonders brisant: Mediziner haben diese Bakteriengattungen inzwischen im Darm von an Morbus Crohn erkrankten Menschen nachgewiesen.
Für die Hypothese spricht auch, dass sich Morbus Crohn stark ausbreitete, kurz nachdem im zwanzigsten Jahrhundert die Kältetechnik zur Haltbarmachung von Lebensmitteln entwickelt wurde. Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine unheilbare Darm-Entzündung. Die Patienten leiden an einem sehr flüssigen Stuhl, begleitet von krampfartigen Schmerzen im Bauch. Bis zu achtzig Prozent der Betroffenen müssen nach zehn Jahren sogar am Darm operiert werden. Dr. Rolf Froböse
Quelle: Der Text stammt als Kurzauszug aus dem aktuellen Buch des Autors „Wenn Frösche vom Himmel fallen – die verrücktesten Naturphänomene“. (Wiley-VCH Verlag, Weinheim, 2007, 262 Seiten, Preis: 24,90 Euro).
Dr. Rolf Froböse
Dipl.-Chemiker u. Journalist
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Quelle (openPR)