Was Ordnungswidrigkeiten sind, ist im Allgemeinen bekannt. Das Überqueren der Straße bei rot, die zu laute Musik bei der nächtlichen Party oder das Rauchen im Nichtraucherbereich. Im Deutschen Rechtssystem gibt es eine Vielzahl von Verstößen, welche durch Bußgelder geahndet werden.
Auch wenn es für den Betroffenen im Einzelfall ärgerlich ist, diese Vorschriften sind meist sinnvoll. Der Verstoß wird im Allgemeinen auch eingesehen. Es gibt jedoch noch eine Vielzahl von unbekannten, verblüffenden Verstößen, welches sich nicht jedermann sofort erschließen, zumal der Betroffene der Meinung ist, rechtmäßig gehandelt zu haben. Einige erstaunliche Beispiele finden Sie hier.
Schon das morgendliche Wecken durch Musik mit dem nicht angemeldeten Radiowecker kann ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages sein. Danach begeht derjenige eine Ordnungswidrigkeit, der ein Rundfunkgerät zum Empfang bereithält und die fällige Rundfunkgebühr länger als sechs Monate nicht entrichtet hat. Die Folge können hohe Bußgelder bis zu 1.000,00 Euro sein (BayOLG, 3 ObOwi 73/94). Jedoch muss die geprellte GEZ erst einmal Nachweis führen, dass überhaupt „schwarz“ Musik gehört wurde. Gewöhnlich fällt ihr dieser Nachweis schwer.
Auch dass während der Fahrt nicht mit dem Mobiltelefon telefoniert werden darf, ist den meisten bekannt. Verboten ist es auch, bei stehendem Fahrzeug mit laufendem Motor, beispielsweise an einer roten Ampel, das Telefon zu benutzen. Zu beachten ist, dass der „Betrieb eines Fahrzeuges“ beginnt, sobald der Motor anspringt. Danach ist das Telefonieren mit dem Handy verboten, § 23 Abs. 1a, § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO. Verboten ist es allerdings auch, auf die Uhrzeit-Anzeige des Handys während der Fahrt bzw. beim laufenden Motor zu schauen (OLG Hamm, NJW 2005, 2469). Auch dies ist ein „Benutzen“ des Mobiltelefons. Dagegen wird nicht beanstandet, eine Taschenuhr während der Fahrt zu betrachten, welche man vorher umständlich aus der Hosentasche hervorgeholt hat. Noch absurder wird es, wenn sie während der Fahrt die eingebaute Diktierfunktion ihres Handys nutzen wollen. Auch dies ist verboten, es ist ein „Benutzen“ des Mobiltelefons (OLG Jena, NJW 2006, 3734). Dagegen ist das Benutzen eines regulären Diktiergerätes während der Fahrt nicht Gegenstand einer Ordnungswidrigkeit. Folge einer unbefugten Benutzung des Handys ist ein Verwarnungsgeld von 40,00 Euro und ein Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg. Radfahrer kommen bei der unberechtigten Benutzung des Mobiltelefons während der Fahrt billiger weg: Lediglich 25,00 Euro Verwarnungsgeld darf ein aufmerksamer Polizist in diesem Fall von ihnen kassieren.
Selbst vermeintlich unnötiges Herumfahren kann ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) sein. Nach § 30 Abs. 1 StVO ist „unnützes Hin- und Herfahren innerhalb geschlossener Ortschaften“ verboten, wenn andere dadurch belästigt werden. Sollten sie also einmal einen fragenden Polizisten den Grund ihrer Fahrt nicht plausibel machen können, so kann schon eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, welche mit 20,00 Euro geahndet werden kann.
Auch das Mitnehmen von Sperrmüll auf der Straße kann ein böses Ende nehmen. Von vielen Menschen wird angenommen, dass Sperrmüll auf der Straße von den Besitzern „aufgegeben“ wurde und deshalb ein problemloses Mitnehmen möglich ist. Hier kann es sich sogar um Straftaten wie Diebstahl oder Unterschlagung handeln, wenn der Gegenstand für einen bestimmten Zweck zum Sperrmüll bestellt wurde. Dies ist z.B. bei karitativen Sammelaktionen der Fall (Altkleidersammlung), aber auch, wenn das Entsorgungsunternehmen, dass den Sperrmüll einsammelt, ein wirtschaftliches Interesse an der Verwertung der Gegenstände hat. Gemäß § 242 StGB kann als Strafe für einen Diebstahl Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren verhängt werden, für eine Unterschlagung gemäß § 246 StGB kann eine Strafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe verhängt werden. Einzelne Gemeinden ahnden es im übrigen auch als Ordnungswidrigkeit, den Sperrmüll lediglich zu durchsuchen mit dem Ziel sich daran zu bereichern. Z.B. hat der Landkreis Südliche Weinstraße für das Durchsuchen des Sperrmülls eine Ordnungswidrigkeit angenommen, die mit einer Geldstrafe von bis zu 5.000,00 Euro geahndet werden kann.
Doch auch in Liebesdingen ist man nicht vor Ordnungswidrigkeiten sicher. Wer eine kirchliche Trauung vor der Eheschließung beim Standesamt vornimmt, begeht formal eine Ordnungswidrigkeit und verstößt gegen § 67 des Personenstandsgesetzes. Dies wird jedoch nicht mit einer Geldbuße geahndet. Tröstlich ist es, dass diese Regelung mit der Neufassung des Personenstandsgesetzes ab dem 01.01.2009 aufgehoben wird.
Wie man sieht, drohen juristische Fallen überall.
Dr. Thomas Schulte
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Quelle (openPR)